23.11.13

Ü60 im Steigflug!


Den vierten Platz zurückerobert, sechs Punkte aus den letzten beiden Spielen, und vor allem gestern beim bislang ungeschlagenen Tabellenführer 3 : 2 gewonnen..., so geht es in die dreimonatige Winterpause und die Stimmung auf der in zwei Wochen steigenden Weihnachtsfeier wird ungeahnte Höhen erreichen.
Zunächst waren jedoch jede Menge Arbeit, Schweiß und vor allem Nervenstärke und Nervenstärke zu investieren. Hier die Details:
Am Freitagabend bei Käthe Tucholla; Nieselregen, düstere Stimmung draußen. In unserer Kabine konzentrierte Spannung vor dem Spitzenspiel gegen den Ersten der Staffel. Dieser ist bisher noch unbesiegt, erhielt in zehn Partien ganze sechs Gegentore. Irgendwie beeindruckend, aber Bange machen gilt bekanntlich nicht. Dazu die Mischung aus Claus' Wunschdenken und der berühmten Kristallkugel...

In den ersten 15 Minuten spielt eigentlich nur Köpenick - durchdachtes Laufspiel, schöne Kombinationen über die gesamte Breite des Platzes, immer mindestens zwei anspielbereite Blaue. Sieht gar nicht gut aus für uns, zumal der erste der zahlreichen Schüsse bereits den Weg in unser Tor findet. Torentfernung ungefähr 15 Meter, flach und scharf geschossen, aber nicht sonderlich platziert... trotzdem, 0:1.
Unsere Angriffsbemühungen wirken eher ein bisschen verzweifelt, nix Zwingendes, sondern meistens hohe Hoffnungs-Bälle auf den Neunmeterpunkt, wo aber immer zwei oder drei Köpenicker gut absichern.

Ein Angriff nach dem anderen gegen uns, Jörg im Tor kann ein paarmal gut klären, fast jedesmal faustet er den nassen Ball weg, was zwar sicherlich goldrichtig ist, aber auch für den einen oder anderen gefährlichen Nachschuss sorgt...
Dann wieder einer dieser hohen Flankenbälle in den Strafraum der Oberspreeeeeer, Hannes am Neunmeterpunkt. Dicht vor ihm ein Blauer, dicht hinter ihm ein Blauer. Axels Ball senkt sich, extrem präzise genau auf die Höhe von Hannes, der trotz doppelter Deckung zum Ausgleich einköpfen kann - sieht man so im Fernsehen auch nicht schöner...

Köpenick ist leicht irritiert, verbucht das Ganze aber wohl mehr oder weniger als kleinen Betriebsunfall, hatten sie doch bisher das Spiel klar dominiert.
Nun aber sind sie nicht mehr ganz so stark wie in der Anfangs-Viertelstunde. Auch die Konzentration ist nicht mehr dieselbe, und so geht Hannes energisch in ein vom linken Verteidiger auf seinen Mittelfeld-Verbindungsmann gedachtes Zuspiel, erkämpft sich an der rechten Strafraumbegrenzung den Ball. Ballverluste in der Vorwärtsbewegung, da war doch was... Richtig; Jürgen steht zentral am Strafraum völlig ungedeckt. Hannes' Zuspiel kommt präzise, und ehe der mit Highspeed auf Jürgen zueilende Verteidiger diesen erreichen und am Torschuss hindern kann, guckt Jürgen den Keeper aus und locht überlegt flach rechts unten ein.

Jetzt liegen wir mit 2:1 vorne, und Köpenick verändert seine Einstellung zum Spiel von Minute zu Minute mehr. Häufigere Kommentare, Schuldzuweisungen innerhalb der eigenen Truppe, Gemeckere gegen den Schiri (unser aller alter Freund Aram Somunciyan, der so etwas bekanntlich seeehr liebt !). Gejaule nach jedem noch so kleineren härteren Einsteigen unsererseits. Das mehrt unsere anfangs nicht gerade überbordende Zuversicht, hier heute vielleicht tatsächlich doch für eine kleine Überraschung bei dem bisher noch ungeschlagenen Tabellenführer sorgen zu können.
Aber erstmal ist Halbzeit, und es sind noch lange 30 Minuten zu spielen.

Wir sind jetzt hellwach, und als ein Pfiff ertönt, rennen Jörg und Effendi sofort auf den Platz, um zur zweiten Halbzeit aufzulaufen. Der Pfiff kam zwar vom Schiri der Partie auf der anderen Hälfte des Großfeldes, aber auch bei uns ging's dann nach ein paar Minuten weiter...

Der Fisch ist hier indes noch lange nicht gegessen. Köpenick drängt mit Macht auf den Ausgleich, versucht, sich in unserer Hälfte einzunisten. Wir halten dagegen, sind insbesondere von der Einstellung her auf dem Level der einen oder anderen Pokalpartie der letzten Saison angekommen.

Es kommt einiges auf unser Tor, und Jörg hat mehrfach Gelegenheit zu zeigen, wie wertvoll er nicht nur im Angriffszentrum für uns sein kann. Aber auch unsere gesamte Defensivabteilung will sich von den Blauen einfach nicht unterkriegen lassen. Und kommt doch einmal ein Ball durch zu einem einschussbereiten Stürmer, so vergibt dieser wiederholt im Stile des früheren Mario Gomez völlig freistehend einen oder auch nur einen halben Meter vor dem Tor in einer Art und Weise, die bei Profi-Spielen mit höchster Wahrscheinlichkeit die Experten der Anti-Wettbetrugs-Mafia-Organisation auf den Plan gerufen hätte.

Ein weiterer Angriff kommt von halblinks in unseren Strafraum. Axel läuft neben dem ballführenden und zum Torschuss ansetzenden Gegenspieler, als dieser plötzlich innehält und lautstark "Festgehalten !" reklamiert. Zwei seiner Kameraden wiederholen das, blicken zum Schiri, und der deutet zu unserem Entsetzen auf den ominösen Punkt. Axel sagt später, dass da überhaupt nichts war, seine Hände waren irgendwo, aber mit Sicherheit nicht an seinem Kontrahenten. Also wieder eine dieser Entscheidungen, wo der scheinbare Verursacher dasteht wie vom Pudel begossen, aber natürlich klar ist, dass der Schiri seine Maßnahme nicht zurücknehmen wird. Aus diesem Grund insistieren wir auch nicht weiter, sondern ergeben uns in unser Schicksal. Als Krönung dieser Szene darf sich Axel auch noch über die Gelbe Karte des Schiris freuen - ein Hohn (ich weiß, was man da so alles denkt...) !

Der Schütze legt sich die Kugel fast liebevoll zurecht, Jörg macht sich auf der Linie breit, bietet sichtbar keine Ecke an. Anlauf - und immer noch zeigt Jörg keine Tendenz, in eine der beiden Ecken zu hechten. Dann der Schuss. Jörg erfasst in Sekundenbruchteilen die Richtung, in die der Ball geschossen ist und bekommt mit einem gewaltigen Ausfallschritt seinen Fuß zwischen Ball und Tor. Der Ball springt zentral zurück, zwei Köpenicker rasen auf ihn zu, aber Effendi ist eine Schuhspitze eher dran und kann die Murmel gerade noch so eben vor dem ersten der beiden Einschussbereiten aus der Gefahrenzone spitzeln.

Jörgs Aktion bewirkt augenblicklich zwei Verhalten: Köpenick steigt endgültig um auf das Prinzip Brechstange, und wir spüren endgültig, dass das heute wirklich unser Tag werden könnte !
Dann fällt aber doch noch der angesichts der Spielanteile sicherlich nicht unverdiente Ausgleich. Ein Blauer nimmt einen weit abgewehrten Flankenball an, zu unserem Tor sind es sicher noch 15 Meter, aber er haut einfach mal drauf, so doll es eben geht. Einen Meter vor Jörg steht ein Angreifer, der den ankommenden Schuss ganz leicht abfälscht, aber genau diese Richtungsänderung reicht, um dem Ball den Weg in unser Tor zu ermöglichen. Schade, wirklich schade; aber auch ein 2:2 ist ja noch aller Ehren wert...

Köpenick will jetzt aber mehr - und bekommt es auch.
In die Offensivbemühungen der Blauen fahren wir den einen oder anderen durchaus nicht ungefährlichen Konter. Und so wird wieder einmal aus unserer Abwehr der im Mittelfeld lauernde Jürgen angespielt. Keiner vorne, auf den er den Ball weiterleiten könnte. Jürgen realisiert aber offenbar, dass der Keeper vielleicht ein ganz klein wenig zu weit aus seinem Kasten raus ist. Und er probiert's einfach mal... Die Entfernung zum Tor (ich hab's über Google Sports von zu Hause aus nachgemessen) betrug exakt 26,30 Meter, und selbst bei der bekannten Schussstärke von Jürgen (Ronny gemessene 129 km/h, Jürgen geschätzte 126 km/h) braucht der Ball für die Überwindung dieser Entfernung immerhin 1,578 Sekunden (rechnet's gerne nach, es stimmt auf's Tausendstel !). Dabei ist zugunsten der Reaktionszeit für den Torwart noch nicht einmal berücksichtigt, dass der Ball die nämlichen 26,30 Meter ja nicht auf einer gerade Flugbahn zurückgelegt hat, sondern in seiner Parabel noch einmal geschätzte etwa fünf Meter zusätzliche Strecke weit geflogen ist, was weitere 0,225 Sekunden dauerte, er insgesamt also 1,803 Sekunden unterwegs war, bevor's dann im Tor der Köpenicker ganz gewaltig einschlug. Ein wenig erleichternd dabei der Umstand, dass der in dieser Phase leicht orientierungsgestört wirkende Keeper bei seinen Bemühungen, im Zurückeilen die ungefähre Mitte seines Tores zu finden, in seinen Laufweg eine kleine Kurve mit einbaute...
Nicht nur wir, auch der Gegner und der Schiri blicken nach diesem unfassbaren Tor jedenfalls mehr als nur ein wenig - und je nach Gemütslage hellauf begeistert bis total konsterniert - zu Jürgen hin !

Noch acht Minuten, und wir liegen wieder vorn.

Weiter verkrampfte Bemühungen der Spreeländer um den Ausgleich, Chancen nahezu im Minutentakt.
Und obwohl das heute eigentlich kein wirklich gutes oder gar herausragendes Spiel von uns ist, versuchen wir trotzdem alles, um uns die drei Punkte nicht in letzter Sekunde doch noch nehmen zu lassen. Spielerisch sind wir immer noch ein ganzes Stück von unseren Möglichkeiten und ja auch das eine oder anderemal demonstrierten Fähigkeiten entfernt, kämpferisch und von der Einstellung her aber ist unser Team voll dabei. Einzelne von uns leistungsmäßig hervorzuheben erübrigt sich heute, jeder rennt und kämpft für jeden, und wenn auch nicht alles klappt, so sind wir doch als Mannschaft heute wirklich stark !

Dann doch noch die Mega-Gelegenheit zum Ausgleich: Jörg kann einen scharfen Schuss von halblinks zwar abwehren, aber beim Nachsetzen zu dem ins Feld zurückspringenden Ball kommen er und der den Nachschuss beabsichtigende Stürmer fast gleichzeitig zum Ball. Der Stürmer schreit und fällt, Jörg bleibt stehen. Neunmeter. Wiederum diskutabel, aber wiederum natürlich entschieden.

Jetzt kommt die vermeintliche große Stunde des Oberspree-Keepers: Der Vierer schnappt sich den Ball, will zur Exekution antreten, als von hinten sein Torwart auf ihn zugerannt kommt: "Ich mach' das, nur ich ! So kann ich meinen Fehler beim 2:3 wieder gutmachen." Gesagt, doch nicht getan... Der Schuss kommt höllisch scharf, wie beim ersten Neuner bleibt Jörg wieder stehen, und der Ball klascht mit Full Speed genau über ihm an die Latte. Jörg, Du bist ein Fußballgott !

Noch fünf Minuten, und dann ist das Spiel aus. Auuuus !

Wer hätte das gedacht...
Die drei Punkte sind für uns zwar nicht (mehr) ganz so wichtig, um einen der obersten Tabellenplätze zu erreichen, aber sie sind nach den ärgerlichen Niederlagen gegen Hertha, Wilmersdorf und auch Gatow wahrer Balsam für die Seele !

Wir hatten heute Glück, ohne Frage. Aber aufgrund unserer wirklich famosen Mannschaftsleistung kann man unseren Sieg deshalb nicht als unverdient bezeichnen, und ein 3 : 2 beim - nun nicht mehr ungeschlagenen, aber nach wie vor amtierenden - Tabellenführer und damit Herbstmeister der Landesliga 2, damit lässt es sich doch gut aus dem alten in das neue (Fußball-) Jahr hinübergehen.

e.

P.S.: Besonderen Dank an Dr. Bayer, der uns von der Seitenlinie aus coachte und dabei genau so viel Calorien verbrauchte wie wir Spieler auf dem Platz.


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